Donnerstag, 22. März 2012

Urteil des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs Leibliche Väter haben eingeschränkte Rechte Ahrens v. Germany and Kautzor v. Germany

Biologische Väter müssen sich in Deutschland mit eingeschränkten Rechten abfinden. Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof hat die Klage von zwei Betroffenen abgewiesen: Es gibt keinen Anspruch auf Anerkennung der Vaterschaft, wenn die Mutter mit einem anderen Mann zusammenlebt, der rechtlich als Vater gilt. mehr...
Das Urteil des EGMR ist noch nicht rechtskräftig. Die Kläger können innerhalb von drei Monaten die Verweisung an die Große Kammer des EGMR beantragen.

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Urteil in Straßburg: Menschenrechtsgericht weist Klagen leiblicher ...


STERN.DE - vor 1 Stunde
Biologische Väter haben kein Anrecht auf Anerkennung der Vaterschaft, wenn das Kind einen anderen Mann als juristischen Vater hat. Das geht aus einem Urteil ...
Straßburg Menschenrechts-Gericht weist Klagen leiblicher Väter abStuttgarter Zeitung
Straßburg (dpa) Eil +++ Menschenrechts-Gericht weist Klagen ...suedkurier.de
Urteil: Straßburg weist Klagen leiblicher Väter abPotsdamer Neueste Nachrichten

Abweisung von Klagen mutmaßlich leiblicher Väter zur
Anfechtung der Vaterschaft nicht konventionswidrig
In  seinen  heute  verkündeten  Kammerurteilen  in  den  Verfahren  Ahrens  gegen
Deutschland  (Beschwerdenummer  45071/09)  und  Kautzor  gegen  Deutschland
(Beschwerdenummer   23338/09),   die   noch   nicht   rechtskräftig   sind 1 ,   stellte   der
Europäische  Gerichtshof  für  Menschenrechte  (EGMR)  einstimmig  fest,  dass  keine
Verletzung  von  Artikel  8  (Recht  auf  Achtung  des  Privat-  und  Familienlebens)
und    keine    Verletzung    von   Artikel    8    in    Verbindung    mit    Artikel    14
(Diskriminierungsverbot)   der   Europäischen   Menschenrechtskonvention   (EMRK)
vorlag.
Beide Fälle betrafen die Entscheidungen der deutschen Gerichte, Klagen zur Anfechtung
der  Vaterschaft  abzuweisen,  die  die  Beschwerdeführer  erhoben  hatten.  Einer  der
Beschwerdeführer  ist  leiblicher  Vater  einer  Tochter,  der  andere  mutmaßlich  leiblicher
Vater  einer  Tochter;  rechtlicher  Vater  ist  jeweils  ein  anderer  Mann,  der  mit  der
Kindesmutter zusammen lebt. 
Zusammenfassung des Sachverhalts
Der Beschwerdeführer im ersten Verfahren, Denis Ahrens, geboren 1970, lebt in Berlin.
Der  Beschwerdeführer  im  zweiten  Verfahren,  Heiko  Kautzor,  geboren  1971,  lebt  in
Willich. Beide sind deutsche Staatsangehörige.
Herr Ahrens ging davon aus, Vater einer im August 2005 geborenen Tochter zu sein,
mit deren Mutter, Frau P., er eine Beziehung gehabt hatte. Zur Zeit der Empfängnis lebte
Frau P. mit einem anderen Mann, Herrn M., zusammen, der die Vaterschaft für das Kind
anerkannte.  Das  Paar  hat  das  gemeinsame  Sorgerecht  und  kümmert  sich  gemeinsam
um  das  Kind.  Im  Oktober  2005  erhob  Herr  Ahrens  Klage  wegen  Anfechtung  der
Vaterschaft von Herrn M. und gab eine eidesstattliche Versicherung ab, er habe während
der  Empfängniszeit  intime  Kontakte  mit  Frau  P.  gehabt.  Herr  M.  machte  geltend,  er
übernehme  die  volle  elterliche  Verantwortung  für  das  Kind,  selbst  wenn  er  nicht  der
leibliche Vater sei. 
Nach  Anhörung  aller  Parteien  stellte  das  Amtsgericht  Tempelhof-Kreuzberg  mit  Urteil
vom  April  2007  fest,  dass  Herr  Ahrens  leiblicher  Vater  des  Kindes  sei.  Das  Gericht
berücksichtigte  ein  Sachverständigengutachten  sowie  das  Ergebnis  eines  Bluttests,  der
Herrn  Ahrens’  biologische  Vaterschaft  nachwies,  und  kam  zu  der  Auffassung,  dass  er
nicht an der Anfechtung der Vaterschaft von Herrn M. gehindert sei. Im August 2007 hob
das Kammergericht Berlin das Urteil des Amtsgerichts auf und befand, dass Herr Ahrens
kein Recht habe, die Vaterschaft anzufechten, da zwischen Herrn M. und dem Kind eine
sozial-familiäre Bindung bestehe, die andauere, obwohl erwiesen sei, dass Herr M. nicht
1  Gemäß Artikel 43 und 44 der Konvention sind Kammerurteile nicht rechtskräftig. Innerhalb von drei Monaten
nach  der  Urteilsverkündung  kann  jede  Partei  die  Verweisung  der  Rechtssache  an  die  Große  Kammer
beantragen.  Liegt  ein  solcher  Antrag  vor,  berät  ein  Ausschuss  von  fünf  Richtern,  ob  die  Rechtssache  eine
weitere  Untersuchung  verdient.  Ist  das  der  Fall,  verhandelt  die  Große  Kammer  die  Rechtssache  und
entscheidet  durch  ein  endgültiges  Urteil.  Lehnt  der  Ausschuss  den  Antrag  ab,  wird  das  Kammerurteil
rechtskräftig.
Sobald ein Urteil rechtskräftig ist, wird es dem Ministerkomitee des Europarats übermittelt, das die Umsetzung
der   Urteile   überwacht.   Weitere   Informationen   zum   Verfahren   der   Umsetzung   finden   sich   hier:
www.coe.int/t/dghl/monitoring/execution. Pressemitteilung
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der  leibliche  Vater  sei.  Im  Mai  2009  lehnte  es  das  Bundesverfassungsgericht  ab,  die
Verfassungsbeschwerde Herrn Ahrens’ zur Entscheidung anzunehmen.
Herr  Kautzor  ging  davon  aus,  Vater  der  im  März  2005  geborenen  Tochter  seiner
ehemaligen Ehefrau, Frau D., zu sein. Frau D. lebt mit einem neuen Partner, Herrn E.,
zusammen, der die Vaterschaft für das Kind im Mai 2006 anerkannte. Später bekam das
Paar  zwei  weitere  Kinder  und  heiratete.  Herr  Kautzor  teilte  seiner  ehemaligen  Ehefrau
mit,  dass  er  Umgang  mit  dem  Kind  wünsche  und  beabsichtige,  die  Vaterschaft
anzuerkennen. Im Juli 2006 reichte er beim Amtsgericht Bielefeld Klage auf Feststellung
seiner  Vaterschaft  ein  und  erweiterte  die  Klage  im  Folgenden  um  einen  Antrag  auf
Anfechtung der Vaterschaft von Herrn E.
Nach Anhörung der Parteien einschließlich des für das Kind bestellten Verfahrenspflegers
wies das Amtsgericht die Anträge Herrn Kautzors mit Urteil vom Juni 2008 zurück. Das
Gericht  befand,  dass  er  von  der  Vaterschaftsanfechtung  ausgeschlossen  sei,  weil  eine
sozial-familiäre  Beziehung  zwischen  dem  Kind  und  seinem  rechtlichen  Vater  Herrn  E.
bestehe. Da das Kind einen rechtlichen Vater habe, habe Herr Kautzor auch kein Recht
auf  Feststellung  seiner  Vaterschaft  durch  einen  Gentest.  Das  Oberlandesgericht  wies
seine  Berufung  im  Dezember  2008  zurück.  Auf  eine  Anhörungsrüge  Herrn  Kautzors
bestätigte  das  Oberlandesgericht,  dass  er  nach  den  maßgeblichen  Bestimmungen  des
BGB  in  der  Auslegung  des  Bundesverfassungsgerichts  auch  nicht  berechtigt  sei,  eine
Abstammungsuntersuchung   einzufordern,   ohne   dass   seine   rechtliche   Vaterschaft
festgestellt  würde.  Im  Juni  2009  lehnte  es  das  Bundesverfassungsgericht  ab,  die
Verfassungsbeschwerde Herrn Kautzors zur Entscheidung anzunehmen.
Beschwerde, Verfahren und Zusammensetzung des Gerichtshofs
Unter Berufung auf Artikel 8 für sich genommen und in Verbindung mit Artikel 14 rügten
beide  Beschwerdeführer  die  Entscheidungen  der  deutschen  Gerichte,  ihre  Klagen  zur
Anfechtung  der  Vaterschaft  zurückzuweisen,  und  machten  geltend,  dass  sie  im
Verhältnis zur Mutter, zum rechtlichen Vater und zum Kind diskriminiert würden.  
Die  Beschwerde  Herrn  Ahrens’  wurde  am  18.  August  2009  und  die  Beschwerde  Herrn
Kautzors  am  30.  April  2009  beim  Europäischen  Gerichtshof  für  Menschenrechte
eingelegt.  Im  Fall  Ahrens  erhielten  Frau  P.  und  Herr  M.,  die  rechtlichen  Eltern  der
leiblichen   Tochter   des   Beschwerdeführers,   die   Erlaubnis,   als   Drittpartei   eine
Stellungnahme einzureichen.
Die  Urteile  wurden  von  einer  Kammer  mit  sieben  Richtern  gefällt,  die  sich  wie  folgt
zusammensetzte:
Dean Spielmann (Luxemburg), Präsident,
Elisabet Fura (Schweden),
Boštjan M. Zupančič (Slowenien),
Mark Villiger (Liechtenstein)
Ganna Yudkivska (Ukraine),
Angelika Nußberger (Deutschland),
André Potocki (Frankreich), Richter,
und Claudia Westerdiek, Sektionskanzlerin.
Entscheidung des Gerichtshofs
Artikel 8
In  beiden  Fällen  kam  der  Gerichtshof  zu  der  Auffassung,  dass  die  Entscheidungen  der
deutschen Gerichte, die Anträge der Beschwerdeführer auf Feststellung der rechtlichen
Vaterschaft  für  ihr  leibliches  bzw.  mutmaßlich  leibliches  Kind  zurückzuweisen,  einen
Eingriff in ihr Recht auf Achtung des Privatlebens nach Artikel 8 darstellten. Gleichzeitig Pressemitteilung
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befand  der  Gerichtshof,  dass  diese  Entscheidungen  keinen  Eingriff  in  ihr  Recht  auf
Achtung  des  Familienlebens  im  Sinne  von  Artikel  8  bedeuteten,  da  niemals  eine  enge
persönliche Bindung zwischen den Beschwerdeführern und den Kindern bestanden hatte.
In einem anderen Fall, Anayo gegen Deutschland 2 , hatte der Gerichtshof eine Verletzung
von Artikel 8 aufgrund der Weigerung der deutschen Gerichte festgestellt, einem Mann
Umgang  mit  seinen  leiblichen  Kindern  zu  gewähren,  da  er  nie  eine  sozial-familiäre
Bindung  zu  ihnen  gehabt  habe.  Die  von  Herrn  Ahrens  und  Herrn  Kautzor  erhobenen
Klagen  hatten  jedoch  ein  weitreichenderes  Ziel:  sie  waren  auf  ihre  vollständige
Anerkennung als rechtlicher Vater des jeweiligen Kindes ausgerichtet und somit darauf,
die  Vaterschaft  des  existierenden  rechtlichen  Vaters  anzufechten.  Herr  Kautzor  rügte
darüber hinaus die mangelnde Möglichkeit, seine mutmaßliche Vaterschaft festzustellen,
ohne den rechtlichen Status des Kindes anzufechten.   
Der  Gerichtshof  stellte  fest,  dass  einer  von  ihm  durchgeführten  rechtsvergleichenden
Untersuchung   zufolge   mutmaßliche   biologische   Väter   in   einer   Mehrheit   der
Mitgliedstaaten     des     Europarats     die     Möglichkeit     haben,     die     –     durch
Vaterschaftsanerkennung festgestellte - Vaterschaft eines anderen Mannes anzufechten,
selbst wenn der rechtliche Vater in einer sozial-familiären Beziehung mit dem Kind lebt.
In einer signifikanten Minderheit von neun Mitgliedstaaten hingegen hat der mutmaßliche
biologische Vater keine Möglichkeit, die Vaterschaft des rechtlichen Vaters anzufechten.
Folglich  besteht  kein  gefestigter  Konsens  und  die  Mitgliedstaaten  verfügen  daher  über
einen weiten Beurteilungsspielraum im Hinblick auf die Festlegung des rechtlichen Status
eines Kindes in einer entsprechenden Situation.
Zwar  hatten  die  Beschwerdeführer  Anspruch  auf  Schutz  ihres  Interesses  an  der
Feststellung  eines  wesentlichen  Gesichtspunktes  ihres  Privatlebens  und  an  dessen
rechtlicher Anerkennung. Die Entscheidungen der deutschen Gerichte hatten aber darauf
abgezielt,   dem   Willen   des   Gesetzgebers   zu   entsprechen,   einem   bestehenden
Familienverband zwischen dem betroffenen Kind und seinem rechtlichen Vater, der sich
regelmäßig  um  das  Kind  kümmert,  Vorrang  einzuräumen  gegenüber  der  Beziehung
zwischen  dem  (angeblichen)  leiblichen  Vater  und  seinem  Kind.  Aus  dem  Urteil  im  Fall
Anayo  gegen  Deutschland  ließ  sich  ableiten,  dass  die  Mitgliedstaaten  nach  Artikel  8
verpflichtet sind zu prüfen, ob es im Kindeswohlinteresse liegt, dem leiblichen Vater die
Möglichkeit  zu  geben,  eine  Beziehung  zu  seinem  Kind  aufzubauen,  etwa  durch
Gewährung   des   Umgangsrechts.   Daraus   folgt   aber   nicht   notwendigerweise   eine
Verpflichtung   der   Mitgliedstaaten   nach   der   Konvention,   biologischen   Vätern   die
Möglichkeit einzuräumen, den Status des rechtlichen Vaters anzufechten.
Im  Hinblick  auf  den  Fall  Kautzor  stellte  der  Gerichtshof  fest,  dass  keiner  der  26
Mitgliedstaaten, die er in seiner rechtsvergleichenden Untersuchung berücksichtigt hatte,
ein Verfahren vorsieht, um die biologische Vaterschaft festzustellen, ohne gleichzeitig die
Vaterschaft des rechtlichen Vaters anzufechten. Die Entscheidung, die Möglichkeit einer
solchen   separaten   Prüfung   vorzusehen   oder   nicht,   fiel   folglich   auch   in   den
Beurteilungsspielraum des Staates.
Der Gerichtshof zeigte sich darüber hinaus überzeugt, dass die deutschen Gerichte die
jeweilige Situation in beiden Fällen sorgfältig geprüft hatten. Folglich lag in beiden Fällen 
keine Verletzung von Artikel 8 vor.
Artikel 8 in Verbindung mit Artikel 14
Der  Gerichtshof  stellte  fest,  dass  der  Hauptgrund  für  die  Ungleichbehandlung  der
Beschwerdeführer  im  Vergleich  zur  Mutter,  zum  rechtlichen  Vater  und  zum  Kind
hinsichtlich  der  Möglichkeit,  die  Vaterschaft  anzufechten  –  und  im  Fall  Kautzor
hinsichtlich  der  Möglichkeit,  einen  Gentest  zu  verlangen  –  in  der  Absicht  lag,  das
jeweilige  Kind  und  seine  soziale  Familie  vor  äußerer  Beeinträchtigung  zu  schützen.  In
Erwägung  seiner  Schlussfolgerungen  hinsichtlich  Artikel  8  kam  der  Gerichtshof  zu  der
2  Anayo gegen Deutschland 20578/07 vom 21. Dezember 2010Pressemitteilung
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Auffassung,  dass  die  Entscheidung,  einem  bestehen  Familienverband  zwischen  dem
betroffenen  Kind  und  seinen  rechtlichen  Eltern  Vorrang  einzuräumen  gegenüber  der
Beziehung zu seinem biologischen Vater, soweit dessen rechtlicher Status betroffen war,
in  den  Beurteilungsspielraum  des  Staates  fiel.  Folglich  lag  in  beiden  Fällen  keine
Verletzung von Artikel 8 in Verbindung mit Artikel 14 vor.
Die Urteile liegen nur auf Englisch vor.
Diese Pressemitteilung ist von der Kanzlei erstellt und für den Gerichtshof nicht bindend.
Entscheidungen,  Urteile  und  weitere  Informationen  stehen  auf  seiner  Website  zur
Verfügung. Um die Pressemitteilungen des Gerichtshofs zu erhalten, abonnieren Sie bitte
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Kristina Pencheva-Malinowski (+ 33 3 88 41 35 70)
Céline Menu-Lange (tel: + 33 3 90 21 58 77)
Denis Lambert (+ 33 3 90 21 41 09)
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte wurde 1959 in Straßburg von den
Mitgliedstaaten des Europarats errichtet, um die Einhaltung der Europäischen
Menschenrechtskonvention von 1950 sicherzustellen.

Oberlandesgericht Koblenz Unterstützer und Werber für ausländische terroristische Vereinigungen (u.a. Al Qaida) zu fünf Jahren Haft verurteilt Oberlandesgericht Koblenz, Staatsschutzsache 2 StE 8/11-1

Das Oberlandesgericht Koblenz hat heute den 26 Jahre alten Hussam S. wegen Unterstützung ausländischer terroristischer Vereinigungen in zwei Fällen und wegen Werbens um Mitglieder oder Unterstützer für ausländische terroristische Vereinigungen in insgesamt 44 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.
Der zuständige 2. Strafsenat als Staatsschutzsenat sah es nach umfangreicher Beweisaufnahme als erwiesen an, dass der Angeklagte von September 2007 bis Dezember 2009 in den Internetforen der Globalen Islamischen Medienfront, des Al-Ansar Media Battalion und des Ansar Al-Dschihad-Netzwerks jihadistische Audio-, Video- und Textbeiträge verbreitete. Mit insgesamt 44 Veröffentlichungen warb er gezielt dafür, sich am gewaltsamen Jihad von Al Qaida, Al Qaida im Zweistromland/Islamischer Staat Irak, der Islamischen Jihad Union und der Islamischen Bewegung Usbekistan zu beteiligen. Insbesondere stellte er Erklärungen von Rädelsführern oder sonstigen Repräsentanten dieser terroristischen Vereinigungen auf verschiedenen Internetseiten ein und machte sich deren Inhalt durch befürwortende Begleitkommentare oder die Art und Weise der Präsentation zu eigen.
In zwei Fällen veröffentlichte der Angeklagte das Video einer Enthauptung, um den militanten Jihad der ausländischen terroristischen Vereinigungen Al Qaida im Zweistromland propagandistisch zu unterstützen. In dem Video wird ein amerikanischer Staatsangehöriger auf grausamste Weise vor laufender Kamera mit einem Messer enthauptet.
Der in Syrien geborene Angeklagte, der Staatenloser palästinensischer Volkszugehörigkeit ist, lebt seit 1990 in Deutschland und war vor seiner Inhaftierung am 4. Juli 2010 zuletzt Student und wohnte in Montabaur.
Im Laufe des Jahres 2007 entschloss er sich, den Jihad von Al Qaida und anderen islamistischen Terrorvereinigungen dadurch zu unterstützen, dass er deren Video- und Textbotschaften  übersetzte und im Internet verbreitete. Dabei ging er höchst konspirativ vor, nutzte eine Vielzahl von Email-Adressen und Benutzernamen und verschleierte seine Internetaktivitäten durch entsprechende Software. Da er nach dem Auszug aus dem Elternhaus über keinen Internet-Anschluss verfügte,  „hackte“ er sich in fremde WLAN-Netze seiner Nachbarschaft ein und nutzte diese Anschlüsse, um Jihad-Propaganda über das Internet zu verbreiten.
Nachdem der Angeklagte Botschaften von Al Qaida und anderen islamistischen Terrorvereinigungen zunächst in den jihadistischen Internet-Foren der deutschen Sektion der Globalen Islamischen Medienfront (GIMF) präsentiert hatte, entschloss er sich, eine eigene Medienstelle zur Bearbeitung und Verbreitung islamistischer Jihad-Propaganda aufzubauen. Zu diesem Zweck gründete er das Al Ansar Media Battalion (AAMB), das aus mehreren deutschsprachigen Weblogs und einem jihadistischen Internet-Forum bestand; es entwickelte sich nach dem Zusammenbruch der deutschsprachigen GIMF im Sommer 2008 zum bedeutendsten Medium zur Verbreitung islamistischer Jihad-Propaganda im deutschsprachigen Raum.  Zuletzt administrierte der Angeklagte das deutschsprachige Jihad-Forum unter dem Dach des international agierenden Ansar Al-Dschihad Netzwerk (AADN).
Aus Sicht des Senats gibt es in Folge der sorgfältigen Aufarbeitung der überwachten Internetverbindungen des Angeklagten keine Zweifel, dass es der Angeklagte war, der in allen Fällen die Beiträge in die Internetforen eingestellt hat. Die Auswertung der Internetbeiträge ergab, dass der Angeklagte nicht nur den bewaffneten Jihad gegen die ausländischen Truppen insbesondere in Afghanistan und im Irak befürwortet, sondern sich sich für die gewaltsame Verbreitung des Islam auf der ganzen Welt einsetzt. Die Attentäter der Anschläge vom 11. September 2001 und anderer Terrorakte preist er als vorbildliche Märtyrer und er befürwortet solche Anschläge auf der ganzen Welt, insbesondere auch in Deutschland.
Hintergrund zum Verfahrensablauf:
Der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Koblenz ließ die Anklage des Generalbundesanwalts gegen den Angeklagten am 22. August 2011 zu. Die Hauptverhandlung begann am 7. November 2011. Heute war der 36. Verhandlungstag. Im Laufe der Verhandlung wurden 19 Zeugen vernommen, darunter zahlreiche Beamte des Bundeskriminalamts, und 10 Sachverständige, insbesondere Islamwissenschaftler, angehört. Die mitunter mehrstündigen Videos und Textbotschaften, die Gegenstand der Anklage des Generalbundesanwalts waren, wurden allesamt in Augenschein genommen bzw. verlesen.
Oberlandesgericht Koblenz, Staatsschutzsache 2 StE 8/11-1